Versuch einer politisch motivierten Jahreszeitenerkennung in Ägypten
Es ist kaum ein Jahr her, dass uns der politische Flächenbrand in großen Teilen der arabischen Welt als Indiz dafür gereicht wurde, dass die alten, destruktiven Kräfte weiter an Einfluss einbüßen und nun auch große Teile der arabischen Welt – Tunesien, Algerien, Ägypten, Libyen – endlich in den Strudel der Demokratiesierung und Menschenrechtsverwirklichung hineingezogen wurden.
Dass MI 6 und CIA und Mossad dabei in den verschiedenen Ländern des „Arabischen Frühlings“ schon im Vorfeld tätig waren, es sich bei den „Aufständischen“ keineswegs überall um friedlich demonstrierendes Volk handelte, und im Falle Libyens sogar eine Republik nach den ureigensten Maßstäben einer Volksverwaltung beendet wurde, erfuhr nur, wer sich abseits des Mediengeplärrs interessierte.
Mit dem Sieg der Moslembrüder bei den Parlamentswahlen in Ägypten im Januar und den Salafisten als zweitstärkste Gruppe bekam die Illusion einer mit westlichem Demokratieverständnis angehauchten allseitigen „Arabellion“ ihren Knacks, und spätestens mit dem als Frustration über die demokratischen Zustände des Landes erklärten Verzicht des Ägypters und Politikprofis El Barradei auf die Präsidentschaftskandidatur im Mai verlor der Massenmediekonsument seine Euphorie vom bevorstehenden Endsieg des Guten über das Böse. Das Böse ist zäh – wenn es sich etwa maskiert als Gottesgläubigkeit einer unzureichend gebildeten Masse zu bedienen versteht.
„Die Politik in Ägypten wird sich damit künftig stärker am Islam orientieren“, weiß Die Zeit.
Über die „Moslembruderschaft“, die mit „über 70%“ „die ersten freien Parlamentswahlen in Ägypten“ entschied und nach Ansicht von Herman Barges aber eine Gründung des britischen Geheimdienstes MI6 sein soll, herrschte dort wenig Aufregung; sie legte das Augenmerk eher auf die „radikal-islamische Partei des Lichts (Hizb al-Nur). Sie landete auf dem zweiten Platz und sicherte sich gemeinsam mit anderen kleineren Parteien aus dem Lager der radikal-islamischen Salafisten 24,6 Prozent der Sitze“.
Nun machte das Böse auch die Christenländer unsicher; am 22. März – da war er noch nicht gefasst – meldet AFP: „Der mutmaßliche Serienattentäter von Toulouse soll sich durch Kontakt mit dem salafistischen Islam radikalisiert haben. Weltweit beobachten Sicherheitsbehörden die Ausbreitung des Salafismus mit Sorge“. „Der Salafismus ist keine einheitliche Bewegung, sondern Oberbegriff für teilweise sehr unterschiedliche Strömungen im sunnitischen Islam“, wusste die Nachrichtenagentur noch auch. Als er nach Deutschland zog, maskiert als literarischer Heilsbringer, zitiert der „Sprecher des Verfassungsschutz“ angeblich „Verfassungsschutzpräsidenten Fromm: Nicht jeder Salafist ist ein Terrorist; aber jeder uns bekannte Terrorist war irgendwann einmal in salafistischen Zusammenhängen unterwegs“.“Sie ist eine der gefährlichsten Strömungen innerhalb des Islamismus, und wir haben sie fest im Blick!“, ergänzte NRWs Innenminister bei dradio.de
Da ließ sich einiges Ausmalen; die gleiche Ecke, eine Etage tiefer – der „Kreisverband der rechtsradikalen NPD“, kündigte für Dresden „kreativen Widerstand“ gegen die Koran-Verteilaktion“ an, meldete zumindest MDR Aktuell. Verteilaktionen in Dresden, erfuhr die chronisch demonstrativ nationalsozialismusverachtende Stadt am Montag dann aber, waren ohnehin an jenem Wochenende nicht vorgesehen.
„Ein Buch ist ein Spiegel, wenn ein Affe hineinsieht, so kann kein Apostel herausgucken“, textete Georg Christoph Lichtenberg schon vor mehr als 200 Jahren, so bleibt hier ein ohnehin nur laienhafter populärtheologischer Versuch über Wert und Unwert der „heiligen“ Bücher der Religionen aus; anzumerken bleibt die gleichbleibend scharfmacherische Intoleranz der jeweils anderen über die vielen Jahrhunderte – das Wandeln – Handeln und Morden – in gelehrter Gewissheit, nur Anhänger der eigenen Konfession hätten Gott oder könnten je zu ihm finden – und seien damit lediglich Ausführende Höchster Stelle bei ihrem Kampf gegen die Ungläubigen.
„Auch der in Saudi-Arabien vorherrschende Wahhabismus wird dem Salafismus zugerechnet“, will die oben zitierte Nachrichtenagenturmeldung wohl relativieren. Mit den Saudis hat der Westen Friede, Freude, Eierkuchen; er beliefert sie sogar überbordend mit Waffen.
„Einige salafistische Gruppen verfolgen politische Ziele (). In Ägypten errang die salafistische Al-Nur-Partei etwa ein Viertel der Stimmen“ lässt die Agentur wissen im Zusammenhang mit dem Hintergrund des „Amokläufers“ in Toulouse: „Andere Gruppen predigen dagegen den bewaffneten Kampf. Die nordafrikanische “Organisation al-Kaida des Islamischen Maghreb” (AQMI) hieß früher “Salafisten-Gruppe für Predigt und Kampf” (GSPC). Sie würde „mit vielen Terroranschlägen in Verbindung gebracht.“ – ist aber, wie ihr Name – ihr angeblicher Name – verrät, nicht „Salafisten“-, sondern CIA-Gezücht. (Unter „Al Quaida“ waren im Computer des USA-Geheimdienstes die verdeckten Terrorbrigaden gelistet, die den Russen in Afghanistan die Hölle bereiteten).
Der Attentäter von Toulouse aber soll laut AFP aus diesem Stall gekommen sein, und kaum konnte er – nach dem sowohl atemraubend geschilderten wie sicherheitsdienstlich zutiefst unprofessionellen „Zugriff mit ungewollter Todesfolge“, der damit ganz im Gegensatz zur Ankündigung des französischen Staates verlief, man wolle den Täter lebendig präsentieren – kaum konnte der Attentäter nicht mehr selbst die Stimme erheben, fielen den französischen Geheimdiensten weitere Einzelheiten über den Mann ein, den sie ja, wie wir nun erfuhren (Webster Tarpley bei Kopp-Verlag) schon seit Jahren beschatteten, und nun die romanreife Verbrechensvita des Mannes in die Welt setzen konnten. Im Lichte des klaren Verstandes gesehen, haben die Vorgänge um das Attentat in Toulouse das Zeug für mehr als nur eine Verschwörungs-„Theorie“, werden Sie nach der Lektüre finden.
Zurück zum „Arabischen Frühling“ und dem Land, in dem er nach Lesart unserer Massenmedien nicht gelungen war. Dass die Proteste dort, anders als in Lybien beispielsweise, unerwartet und dazu aus einer dem Establishment nicht dienlichen Ecke kamen, lässt vielleicht schon der Umstand erkennen, dass es die für andere „Revolutionen“ so essentiellen Dienstleistungen verweigerte: „In Kairo haben die Telekomfirmen TEData und Vodafone Twitter blockiert“, berichtete in jenen Tagen der Schweizer Blog „Alles Schall und Rauch„.
„Frauen mit ihren Kindern“ hätten an den Demonstrationen teilgenommen, und „nicht nur in Kairo, auch in Suez, Alexandria, Qina, Mahalla, Arish Aswan, Tanta hätten die Menschen demonstriert. Die Organisatoren des „Tages der Wut“ in Ägyten sagten, bei dem Protest gehe es um „einen Tag der Revolution gegen Folter, Armut, Korruption und Arbeitslosigkeit.“
Fast die Hälfte der 80 Millionen Ägypter sollen ein Leben unter der Armutsgrenze (1,50 Euro/Tag per def. der UNO) fristen.
Dennoch hatte die Aussenministerin der USA verlautbaren lassen, sie betrachte Mubaraks Regierung als stabil. Er sei ein wichtiger Partner der USA im Nahen Osten – klingt dann heutzutage bereits wie eine Drohung an die Adresse der Umstürzler.
Den weiteren Fortgang in Ägypten können wir grob von Wikipedia übernehmen:
„Am Abend des 1. Februar 2011, nachdem landesweit über drei Millionen Bürger in Ägypten gegen die Regierung demonstrierten, erklärte Mubarak im Staatsfernsehen seinen Verzicht auf eine Wiederwahl“, wolle aber weiterhin im Amt zu bleiben; am „Nachmittag des 11. Februar 2011 verkündete Vizepräsident Suleiman, Mubarak habe sich aufgrund der anhaltenden Massenproteste zu einem vollständigen Rücktritt entschlossen und lege die Staatsgeschäfte in die Hände des Obersten Militärrates.“
„Am 24. Mai 2011 erhob die ägyptische Staatsanwaltschaft offiziell Anklage gegen Mubarak, seine beiden Söhne Gamal und Alaa, den mit Mubarak eng verbandelten Geschäftsmann Hussein Salem sowie seinen ehemaligen Geheimdienstchef Hussein Kamal al-Din Ibrahim Salem.[28] [29] [30] Die Staatsanwaltschaft wirft Mubarak Mittäterschaft an der Tötung von mehr als 800 Demonstranten während der Massenproteste 2011 vor. Weiterhin werden ihm Machtmissbrauch und Veruntreuung von Staatsbesitz zur persönlichen Bereicherung unterstellt…Nach einer Schätzung der algerischen Zeitung Al Khabar von 2010 beträgt das Vermögen der Familie Mubaraks rund 40 Milliarden US-Dollar,[] was vom Leiter des Basel Institute on Governance als realistisch eingeschätzt wird.[] Mubarak selbst soll während seiner Regierungszeit ein Vermögen von 10 Milliarden US-Dollar angehäuft und großteils ins Ausland verbracht haben. In einer Schätzung von anderen Experten wird das Vermögen der Familie Mubarak sogar mit 70 Milliarden US-Dollar beziffert.[] US-Regierungsbeamte halten die Zahl laut der New York Times für übertrieben und gehen hingegen von zwei bis drei Mrd. US-Dollar aus.[]“ (Zit. n. Wikipedia, jedes Zitat dort enthält Links zu den Quellen)
Soviel nur über die „wichtigen Verbündeten der USA in Nahost“, für den Westen allgemein schlug wohl mit dem Ende der fast dreißigjährigen Herrschaft Mubarak eine segensreiche Infiltration vorerst fehl: Mubarak und sein Militär hatten eine Scheindemokratie modernen westlichen Verschnitts geschaffen, , „wirtschaftspolitisch“ orientierte sich Mubarak am Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Aber auch für Israel – oder besser: das zionistische Regime, das dort derzeit trotz zunehmendem Widerstand der eigenen Bevölkerung den Geist des Landes zu vertreten vorgibt – hatte der Fall Mubaraks schwerwiegende Folgen. Nur wenige Tage nach dem Sturz Mubaraks hatte die neue Riege in Kairo die Ein- und Ausreise von Palästinensern nach Ägypten zugelassen. Der neue Außenminister (Elarabi – seit Mai 2011 Generalsekretär der Arabischen Liga) hatte es dann im April angekündigt, und Ende Mai 2011 bereits meldet u.a. Focus: „Ägypten hat am Samstag den Grenzübergang zum Gazastreifen dauerhaft geöffnet. Die Öffnung ermöglicht den Palästinensern () die Einreise nach Ägypten. Damit wurde eine jahrelange Blockade des Palästinensergebietes gelockert. () Ein palästinensischer Behördenvertreter sagte, die Abfertigung verlaufe ohne Schwierigkeiten. Den Reisenden werde ein „schnelles und bequemes“ Passieren des Übergangs ermöglicht. Auf ägyptischer Seite hieß es dagegen, man hoffe, dass die Prozeduren noch vereinfacht würden.“
Israel hatte 2006 nach der Entführung eines israelischen Soldaten eine Blockade gegen den Gazastreifen verhängt, die, angeblich als Reaktion auf die Machtübernahme der Hamas, ein Jahr später weiter verschärft worden war. Der nun geöffnete Grenzübergang ist der einzige von Israels Kontrolle freie Übergang in den Gazastreifen.
Weiter schrieb Focus im Mai 2011: „Israel hatte die Entscheidung zur dauerhaften Öffnung des Grenzübergangs in Rafah kritisiert. Heimatschutzminister Matan Vilnai sagte, dies schaffe eine „sehr problematische Situation“. Der israelische Minister für regionale Entwicklung, Silvan Schalom, warnte, ohne „strenge und wirksame Kontrollen“ werde die Öffnung des Grenzübergangs dazu führen, dass Waffen in den Gazastreifen geschmuggelt würden und „Terroristen (da ist es wieder, das CIA-Gezücht – m. Anm.) „von El Kaida und aus dem Iran“ in das Palästinensergebiet gelangen könnten.“
Mehr über die Probleme Israels mit dieser Grenzöffnung weiß wieder der Schweizer Blog, 22. April 2011: „Drei Monate sind seit der ägyptischen Revolution vergangen und Israel macht sich Sorgen, die Politik der neuen Regierung gegenüber Israel wird feindlich, erzählte Premierminister Benjamin Netanjahu den Botschaftern der EU vergangene Woche in Jerusalem.
„Ich habe sehr grosse Sorgen über einige Aussagen die ich aus Ägypten in letzter Zeit gehört habe,“ sagte Netanjahu den Botschaftern. „Ich bin speziell besorgt über was der aktuelle ägyptische Aussenminister von sich gegeben hat.“
So sollen ägyptische Offizielle harte Worte in den letzten zwei Wochen geäussert und Israel sogar als „Feind” bezeichnet haben. Der ägyptische Finanzminister Samir Radwan sagte zum Beispiel in Bezug auf die Möglichkeit israelischer Investitionen in Ägypten, sein Land benötige keine Hilfe vom „Feind“. Das hat Israel verärgert, speziell weil Ägypten um Investitionshilfen aus dem Ausland gebeten hat.“
Tausende Ägypter hätten vor dem israelischen Botschaft in Kairo und vor dem Konsulat in Alexandria gegen die dauernde Bombardierung von Gaza durch Israel demonstriert, „sie trugen palästinensische und ägyptische Fahnen als Zeichen der Solidarität. Zum ersten Mal finden überhaupt Demonstrationen vor der israelischen Botschaft statt, denn vor der Revolution von 25. Januar war dieser Bereich eine Sperrzone.“
Dass die Menschen in Ägypten eine ganz andere Sicht vom Konflikt in Nahost hatten, als es zum Beispiel Kairos von Begleitern so verstandene Behinderung eines internationalen Hilfs- und Nahrungsmittelkonvois für den Gaza-Streifen 2009 schließen ließ, vermitteln auch die Meldungen hier: “15 Mai: Die dritte palästinensische Intifada“, hätte auf den Transparenten vor der israelischen Botschaft in Kairo gestanden, „zur Erinnerung an die Nakba, die brutale Vertreibung der Palästinenser aus ihrer angestammten Heimat durch zionistische Terrorbanden und darauf folgender israelischer Staatsgründung. Demonstranten riefen nach dem Ende der Gaslieferung an Israel und zur Aufhebung der diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen … „Ägypten, Palästina, eine Revolution!“, hätten die Protestanten gerufen, und auch der Schweizer ist sich sicher: „Seit dem Hosni Mubarak, diese prowestliche Marionette, Verräter an der arabischen Sache und bester Freund Israels, vom ägyptischen Volk abgesetzt wurde, weht ein frischer Wind in Ägypten und es wird sich noch vieles ändern.“
Wie sehr er damit Recht behalten wird, weiß nicht, wer sich nur massenmadial berauschen lässt; für deutsche Ohren ist das Dilemma, dass die hiesige Presse nun unter der Schlagzeile
„Streit um Stiftungsfinanzierung – Ägypten bringt Deutsche vor Gericht“ schildern wird, wenig relevant:
Am 5. Februar dieses Jahres weiß z.B. Spiegel.de: „Trotz internationaler Proteste geht Ägypten weiter unbeirrt gegen Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen vor: Kairo stellt nun 43 Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen, darunter zwei Deutsche, vor Gericht.“ Sie müssten sich „wegen verbotener Aktivitäten und der illegalen Annahme von Geldern aus dem Ausland verantworten“
„Neben den beiden Deutschen“ seien außerdem „19 US-Bürger, fünf Serben und drei Bürger arabischer Staaten“ angeklagt, aber befände sich „Sam LaHood, Sohn des US-Verkehrsministers Ray LaHood“, bis zum Abgang Mubaraks Leiter des „ägyptische Büro des International Republican Institute“, darunter – und der, beziehungsweise dessen „Gruppierung nannte die Entscheidung des Gerichts „politisch motiviert“ – sie stünde in einer Reihe von Attacken gegen internationale und ägyptische Organisationen, die sich für Demokratie einsetzten.“
Die Sache also klar? Der unverhohlene Fortgang einer hundsgemeinen Konterrevolution vor den Augen der demokratiesierungs-wie-süchtigen Welt, im religiös-fanatischem Gebahren einer längst überholten Zeit?
Man sehe nach Saudi-Arabien, um sich jene „Ausprägung des Islamismus“ genauer anzusehen, die unseren westlichen Machthabern zu Kooperation und ungewöhnlichen Liebes- und Kriegsdiensten verleiten. Ein Klick auf Wikipedia, und sie haben das ganze Sammelsurium von horrorhafter Anmaßung durch selbsternannte und weitervererbte Elite in unaufgeregter Aneinandereihung vor Augen. Wenn hier etwas helfen könnte, w ä r e es Demokratie – „Demokratie“ mit der Bedeutung von Volkssouveränität freilich, und nicht als Importgut des Westens…
Zurück nach Ägypten.
Da begann am 17. April dieses Jahres ein Prozess wegen der Randale in einem ägyptischen Stadion am 1.2. 2011 nach dem Spiel zwischen Al-Masri und Al-Ahly in der ersten Liga. 74 Tote kostete die Ausschreitung, über 1000 Menschen wurden verletzt, 170 von ihnen befanden sich in Lebensgefahr. „Das Gericht soll die Verantwortung für die Eskaltion der Gewalt nach der Begegnung klären. Seit der Katastrophe herrscht in Ägypten der Verdacht, dass die beim Sturz des Ex-Diktators Husni Mubarak aktiven Anhänger von Al-Ahly auch durch die ungewöhnliche Passivität der Polizei zu Zielscheiben für Getreue des früheren Regimes gemacht wurden“, schreibt Die Zeit. Unter den 75 Angeklagten sitzen neben drei Funktionären des Vereins Al-Masri neun Polizisten auf der Anklagebank, und das „ARD-Hörfunkstudio Kairo„: „Die trauernden Kairoer Fans erheben schwere Vorwürfe gegen die ägyptischen Sicherheitsbehörden: „Alle Türen im Stadion waren verschlossen, () wir waren wie gefangen. Die Angreifer haben zu Dutzenden auf einzelne Menschen eingeschlagen. Und die Polizei hat einfach nur zugeguckt.() Die Angreifer haben sich sogar die T-Shirts der Toten geschnappt und damit Freudentänze veranstaltet“, zitiert die ARD Augenzeugen.
Auch die Mannschaft des ägyptischen Rekordmeisters Al Ahly hätte scharfe Kritik am Verhalten der Polizei geübt. „Vor ihren Augen seien die Menschen gestorben, klagen die Spieler, die sich selbst nur mit Mühe vor Angriffen mit Feuerwerkskörpern in Sicherheit bringen konnten.
Es seien 3000 Polizisten im Stadion gewesen, so Ahlys portugiesischer Trainer Manuel José. Doch keiner von ihnen hätte eingegriffen. Wie ihre Anhänger spekulierten auch die Funktionäre des Sportklubs, dass es sich bei den Ausschreitungen gegen das Team von Al Masry aus Port Said nicht um den eskalierten Streit von verfeindeten Fußballfans handelt, sondern dass hier Politik und übelste Absicht im Spiel gewesen sei“.
„Nach tödlicher Fußball-Randale in Ägypten – Gezielte Aktion bezahlter Schläger?“, titelte damals ARD, und in diesem Zusammenhang vielleicht auch interessant, was am 15. 02. 2012 „Alles Schall und Rauch“ um das bereits aus dem Spiegel zitierte „unbeirrte Vorgehens Ägyptens trotz internationaler Proteste gegen Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen“ herausfand:
„Aktuell stehen Mitglieder von NGOs in Kairo vor Gericht, denen Unterwanderung des „arabischen Frühlings“ und Aufwiegelung der Bevölkerung vorgeworfen wird. Diese sogenannten Nichtregierungsorganisationen hatten den Auftrag, für Washington die ägyptische Revolution in ein Chaos zu verwandeln, um damit den amerikanischen und israelischen Interessen zu dienen, sagt eine Ministerin der ägyptischen Regierung. Die Vereinigten Staaten „versuchten die Kaperung“ der Revolution, welche Präsident Hosni Mubarak stürzte, „mit dem Ziel ihren und israelischen Interessen zu dienen“, sagte Fayza Abul Naga, Ministerin für Internationale Kooperation und Planung.
Abul Naga sagte gegenüber der Staatsanwaltschaft, die den Fall behandelt, „die Revolution vom 25. Januar war eine Überraschung für die Vereinigten Staaten und es war ausserhalb Amerikas Kontrolle, als die Revolution sich in einen grossen populären Aufstand in ganz Ägypten verwandelte.“
„Die Vereinigten Staaten entschieden dann mit allen ihren Möglichkeiten und Werkzeugen die Situation zu beherrschen und in die Richtung zu lenken, welche den amerikanischen und israelischen Interessen dienen.“
Insgesamt würden 40 Vertretern ägyptischer und ausländischer Nichtregierungsorganisationen vorgeworfen, darunter 19 Amerikanern, ausländische Gelder illegal eingesetzt zu haben, um Unruhen in Ägypten zu entfachen. Es handelt sich um drei amerikanische NGOs, wie das International Republican Institute, welches die „rechte konservative“ Agenda der Republikanischen Partei vertritt, sagte Abul Naga. Während das National Democratic Institute den Interessen der Demokratischen Partei dient. Freedom House sei ein Werkzeug der „jüdischen Lobby und ihren Kreisen in den USA“, sagte sie.
„Die amerikanische Entschlossenheit und Beharrlichkeit diese Organisationen zu unterstützen, um in politischen Aktivitäten engagiert zu sein, ist ein eklatanter Bruch des Gesetzes, was eine eindeutige Gefahr für die nationale Sicherheit bedeutet“, sagte Abul Naga.
Laut der Ministerin hat Washington 105 Millionen Dollar den NGOs für Ägypten zwischen Februar und September 2011 zur Verfügung gestellt. Zur Erinnerung, Mubarak trat am 11. Februar 2011 zurück. Die Gelder waren also für die Beinflussung der Regierungsbildung nach Mubarak gedacht.
Präsident Obama und einige Kongressabgeordnete haben damit gedroht, Ägypten könnte die 1,55 Milliarden Dollar an jährlicher Hilfe verlieren, wenn sie mit der Anklage fortfahren.“
Eine Delegation des US-Senats unter dem Republikaner John McCain reiste am 20. Februar nach Ägypten
„Während seines Besuchs in der ägyptischen Hauptstadt trifft McCain den Chef des Obersten Militärrats Feldmarschall Muhammad Hussein Tantawi“, zitiert am 15.02.2012 politaia.org, und vom 4. März wird El Baradei zitiert, „weil einige der NGO – Mitarbeiter aus Kairo ausgeflogen wurden, die eigentlich vor Gericht erscheinene sollten: Die “Ägypten-Junta vewandele das Land in eine Bananenrepubik“.
Viele Ägypter vermuteten bereits, „dass mittels Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen die USA hinten die jüngsten Unruhen steckten. “Wir können nicht akzeptieren diese Art von ausländischer Einmischung in die Angelegenheiten Ägyptens, dieser Fall kann nicht mit einer poilitischen Entscheidung beendet werden”, wird Tawfik al-Katatni zitiert, seit Januar 2012 Präsident der Ägyptischen Volksversammlung und „seit 30. April 2011 Generalsekretär der islamistischen Freiheits- und Gerechtigkeitspartei, dem politischen Arm der Muslimbrüder.“ (Zit. Wikipedia)
„Die Richter, die die Verhandlung führen sollten, seien zurückgezutreten. Diese Entscheidung empöre das gesamte politische Spektrum des Landes. Sie sagten, die Generäle hätten immensen Druck auf die Richter ausgeübt…“.
Gestern, so berichtet das Schweizer Fernsehen, habe Saudi-Arabien seinen Botschafter aus Ägypten abgezogen und die Schliessung der diplomatischen Vertretung in dem Land angekündigt.
„Grund sind demnach jüngste Proteste in Ägypten, bei denen Demonstranten versucht hätten, die Botschaft und Konsulate des Königreichs zu stürmen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur SPA. () Die Proteste richteten sich gegen die Verhaftung eines ägyptischen Anwalts und Menschenrechtsvertreters in Saudi-Arabien. Angaben ägyptischer Oppositioneller zufolge wurde der Jurist wegen Verleumdung des saudiarabischen Königs festgenommen, nachdem er eine Beschwerde gegen die Behandlung ägyptischer Staatsangehöriger in saudiarabischen Gefängnissen eingereicht hatte.““
Im Mai will Ägypten seinen Präsidenten wählen. El Baradei, der aus Gründen der weiterhin bestehenden Über-Macht der Militärregierung einen späteren Termin für ratsam gehalten hatte, hat gestern die Gründung einer eigenen Partei bekanntgegeben. „Damit wolle er die Einheit der Ägypter wiederherstellen und die Ziele der Revolution durchsetzen“, zitiert die „Tagesschau“ des Schweizer Fernsehens „den 69-Jährige am Samstag vor Hunderten Anhängern in Kairo.() Wir wollen eine echte Demokratie», sagte El Baradei. Er hoffe, seine Partei werde einmal fünf Millionen Mitglieder haben, auch Ägypter, die im Ausland leben. «Wir wissen, dass die Entscheidung zu spät kommt, aber wir werden den Krieg am Ende gewinnen.»“