Teufel oder Belzebub

– Gute Nacht, Ägypten!

Da lässt sich ein Brechreiz nur schwer unterdrücken, wenn man das Drama in Ägypten verfolgt, und es ist nicht so sehr das Zwischenergebnis der „Wahl“, das nun nur konsequent die eigentlichen Optionen für ein Land aufzeigt, dass naiv die eigenen Geschicke in die Hand nehmen will und dabei wohl kurz vergessen hatte, dass im Endspiel um die Weltherrschaft nationale Befindlichkeiten, noch dazu in unmittelbarer Nachbarschaft der alleszerstörenden Kräfte, einen Scheißdreck gelten.

So bleibt dem Ägypter die Stichwahl zwischen Diktatur im alten oder neuen Gewand, der Weltöffentlichkeit, die Geschichte vom arabischen oder welchen auch sonst Frühling wiederum als Dichtung aus 1001 Nacht zu begreifen, und mit einem Blick auf die Heuchelei der den Vorgang heute reflektierenden Weltpresse dem Rest die Hingabe in den eingangs geschilderten Akt kurzfristiger Erleichterung.

Auszüge aus der Weltpresseschau, die heute (26.5. 2012, 8. 50 Uhr) der Deutschlandfunk präsentierte:

„Die Vergangenheit vergeht nicht, stirbt nicht. ‚Stürzt das Regime‘ war das Motto aller arabischen Revolutionen, aber das Internet reichte dafür nicht aus. Denn es gab keinen klaren Plan für die Zeit danach.“ (La Stampa)

„Ägypten hat den ersten Demokratie-Test bestanden. Die Wahlen waren frei, es gab nur geringfügige Verstöße…“ (Times)

„Selbst wenn künftig ein Islamist oder auch ein Mann des alten Regimes die Geschicke des Landes lenken sollte, sind die von Untertanen zu Bürgern mutierten Ägypterinnen und Ägypter um eine zentrale Erfahrung reicher: Der Stillstand ist überwindbar – vorwärts!“ (Neue Zürcher Zeitung)

„Der wirkliche Gewinner der Präsidentenwahlen ist nicht dieser Kandidat oder jener. Einer von beiden wird siegen, und sein Foto wird umgehend in unzähligen Zeitungen erscheinen. Aber die Amtsperiode des künftigen Präsidenten wird begrenzt und damit seine Macht endlich sein. Die wirklichen Sieger dieser Wahl sind die Ägypter selbst, die den Zwang der Tyrannei überwunden haben und erhobenen Hauptes ihren Weg gehen“. (Egyptian Gazette)

„Fast hätte das Mitglied der radikalen Muslimbrüder, Mursi, schon im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht, sodass es sehr wahrscheinlich ist, dass er den Vertreter des alten Regimes im zweiten Wahlgang besiegen wird. Die Ägypter, die sich für den Vertreter der Muslimbrüder entschieden haben, können später nicht behaupten, sie hätten nicht gewusst, was auf sie zukommt.“ (Danas (Serbien))

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Artikel hier im unmittelbaren Zusammenhang: Der Frühling in Arabien https://volksauge.wordpress.com/2012/04/29/der-fruhling-in-arabien/
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p.s. Schlag auf Schlag. Vorgestern „Bild“: „Aserbaidschan vor dem Eurovision Song Contest – Aufstand im Partyland. Bakus Jugend bittet: „Singt für Demokratie!“+++ Amnesty prangert Regime an +++ So tickt das Land am Kaspischen Meer – „SING FOR DEMOCRACY“, steht auf ihren weißen T-Shirts. „Singt für Demokratie – unterstützt die Menschenrechte in Aserbaidschan“. Hunderte dieser T-Shirts waren gestern in Baku, der Hauptstadt des Landes, zu sehen. Getragen von (meist) jungen Männern, die friedlich gegen das Regime von Präsident Ilham Aliyev (50) protestierten. Ihre Chance: das Finale des Eurovision Song Contest (ESC) am Samstag in Baku…“

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Weise Aussichten

Wer sich dem Druck beugte, von überfüllten Hörsaal zu überfülltem Hörsal hechtete, kniend im Zwischengang selbstherrlichen Vorträgen geistesabwesender „Professoren“ eine Essenz zu entlocken versuchte, nach acht, zehn, zwölf Stunden Uni-Tag am Abend seine Aufzeichnungen ordnen, das Gehörte vertiefen, sich auf den nächsten Tag vorbereiten wollte, anschließend noch ein paar Stunden kellnern muss zur Erhaltung der materiellen Sicherheit – und wem da vielleicht bereits schon dämmerte, dass der angefangene Weg mitnichten zum Traumberuf führen kann, er sich aber täglich wieder zur Ordnung rief – wer in diesen Monaten in einer der unzähligen unterdimensionierten, von Wanderprofessoren und Wirtschaftslobbyisten beherrschten Geistesschmieden des zukünftigen Deutschlands seine „Scheine“ – den von der Universität zu bescheinigenden Abschluss eines dieser unzählbaren Kurse, die zur Erringung einer Fachnote nötig sind – machen musste, konnte sicher schon witzeln, so ihm dazu noch zumute blieb, dass zum reibungslosen Ablauf des Universitätsbetriebes auch baldigst eine campuseigene Nervenheilanstalt gehören müsste.
Diese Art Galgenhumor hätte freilich den kleinen Schönheitsfehler, dass sie impliziert, dass dem Patienten geholfen werden könnte, während seine Bedingungen keiner Kur bedürften – und so ist uns eine solche Witzelei aus den Horten deutschen Geistesschaffens nicht bekannt geworden.

Das das Leben aber weitaus witziger und einfallsreicher sein kann als ihre dümmsten Witzes es je hätten kolportieren können, wird den Jungkonkurrenten um die Weisheit jetzt von einer ihrer geringsten Anstalten vor Augen gehalten: „Bessere Betreuung für psychisch kranke Studenten – RWTH Aachen eröffnet Zentrum für psychische Gesundheit“, titelt heute Deutschlandfunk, – wobei RWTH für  „Rheinisch-Westfaelische Technische Hochschule“ steht. In dem folgenden Beitrag kommt „Birgit Derntl, Professorin für Psychologie an der Uniklinik Aachen“ zu Wort und „nennt alarmierende Zahlen aus der Studie einer gesetzlichen Krankenkasse“:
„Also vor allem der Bericht der Technikerkrankenkasse hat hier erste Zahlen und Fakten geliefert. Wo gezeigt worden ist, dass die Zahl der Studenten, die psychisch erkrankt sind von 2006 bis 2010 sich um 50 Prozent erhöht hat.“ „Insgesamt sind nach dieser Studie rund ein Fünftel aller Studierenden von psychischen Belastungen und Erkrankungen betroffen“. ergänzt der Kommentator des Beitrags.

Die „Psychologin Christine Frank“ weiß in diesem Beitrag: „Die Versorgungssituation, gerade was psychotherapeutische Behandlung anbelangt, ist natürlich desolat, weil es einfach zu wenig Kapazitäten gibt. Die Wartezeiten sind viel zu lang und es erfordert einen immensen Einsatz des Betroffenen sich um entsprechende Plätze zu kümmern.“ „Aber dazu sind viele Patienten, die zum Beispiel an einer schweren Depression leiden, gar nicht in der Lage. Die Wartezeit auf einen Therapieplatz verschlimmert die Symptome. Da setzt die Hilfe der Fachleute des Zentrums für psychische Gesundheit ein“, erklärt der Kommentator des Deutschlandfunk, und auch: „Die große Zunahme dieser Fälle hat die Universitätsklinik Aachen veranlasst, das neue Zentrum für psychische Gesundheit zu gründen.“

Keine ursachenuntersuchende Kommission zur Vebesserung des Universitätsbetriebes, keinen Fond zur Verbesserung des Lehrangebotes, zur Ausstattung mit zeitgemäßer Technik, unabhängigen Lehrmaterialien – die Hochschule Aachen, und ihr werden weitere folgen, packen das Problem bei der Wurzel.

Und dass keiner meinen müsste, wegen seines überladenen Stundenplans sei ihm der Zugang zu dieser Kur ohnehin versperrt, noch dieses Zitat aus dem Deutschlandfunk-Beitrag: „Professor Frank Schneider, Direktor der Klinik für Psychiatrie an der Uniklinik Aachen“: „Sie müssen auch bedenken, dass wir eine so genannte Notfallhotline haben. Das heißt, Studierende und Doktoranden können sich rund um die Uhr das ganze Jahr, also auch Weihnachten und mitten in der Nacht, bei uns melden und sich mit einem Psychiater oder Psychotherapeuten auseinandersetzen.“

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Quellen: Der Beitrag auf Deutschlandfunk, 16. 5. „Campus und Karriere“
Weiterführend: juraforum.de 15.05.2012: „RWTH und FH Aachen eröffnen die bundesweit erste psychiatrisch-psychotherapeutische Beratu“

Heilloser Krieg – wer sind nun die Schafe?

Ein Anrufer in einer Sendung bei „Infokrieg-TV“ am 7.5. 2012, der, wie er sagt, sich etwas intensiver im Internet mit den Salafisten-Problem beschäftigt hat („ein paar islamische Seiten angesehen, … Pierre Vogel, Peginius (?)… angesehen“), äußerte eine ähnliche Vermutung wie die, die mich beschlich, und so trage ich, bis dahin wenig ermutigt wegen der scheinbar einstimmig toleranzlosen Front gegen die „militanten Islamisten“, auch meine Gedanken in dem Sinne vor, ob denn das „Problem mit den Salafisten“ in Deutschland nicht ein hausgemachtes – oder, wie ich annehme, wiederum dem Operieren der Geheimdienste zu verdanken sein könnte.

Dass Salafismus nicht gleich Salafismus ist – so er überhaupt von dieser Bezeichnung selbst weiß – ist hier darzustellen versucht worden. Wir wissen freilich wenig, wo wir nicht wissen sollen.

Ich fand den Film von Spiegel.de: „Kampfname „al-Gharib“: Der Propagandist der Salafisten“ im Netz.
In einer Moschee in Solingen, wohin „Spiegel“ allerdings der Zutritt und auch jegliche Auskunft verweigert wird, vermutet das Magazin „den Propagandisten der Salafisten“. Der „Spiegel“ hatte bereits wenige Tage vorher, da war der frisch aus österreichischer Haft entlassene Wiener im hessischen Erbach in seiner „Wahlheimat“ wohl gerade erst angekommen, Mohamed Mahmoud interviewt; „Der Spiegel“ hatte auch schon 2006 – da hatte Mohamed Mahmoud in Wien gerade eine „islamistische Jugendorganisation“ gegründet, das Glück mit „einem ersten Interview“ – wo der „strenggläubige Extremist“, in der ausgewählten Passage, Konsequenzen für die „Hetzerer“ gegen den Islam andeutet. „Der Spiegel“ vermeint Mohamed Mahmoud aber auch daher zu kennen, als er in Wien „auf der Suche nach einem Ansprechpartner“ eines dschihadistischen Medienauftritts, „mit einem vermummten Mann“, der „nicht erkannt werden will“ und dessen „Stimme … verfremdet“ wird, sprach. “ – Mohamed Mahmoud – wie sich später herausstellt“, so der Kommentator im Film.

Vorangestellt sind Archivaufnahmen vom 26jährigen Österreicher, Sohn ägyptischer Einwanderer; wie er, bei einer Podiumsdiskussion offenbar, bedrohlich klingende Prophezeiungen aus der Litanei der Krieger für Allah herrausgurgelt – und diese anschließend ins Deutsche übersetzt: „Wir werden Rom erobern … und … der Petersplatz, oder wie das heißt, wird der … Platz der Konvertierung sein, und der Platz, um Allahs Gesetze umzusetzen, Allahs Strafen umzusetzen – damit genügend Leute zugucken können…“, und auch die dort medienschön geschminkte Dame vom hessischen Verfassungsschutz weiß anschließend zu vertiefen: „Es handelt sich hierbei um eine Person, die wir dem dschihadistisch-salafistischem Spektrum zurechnen, – das heißt, er gehört zu der Szene, die Gewalt zur Umsetzung ihrer politischen Ziele befürwortet und gegebenenfalls auch bereit ist, diese anzuwenden. Damit geht von ihm natürlich eine hohe Gefahr aus.“

Für die Geheimdienste sei der Österreicher überhaupt ebenso kein Unbekannter mehr, ebenso schon 2006 hätten „die internationalen Geheimdienste“ mit Mohamed Mahmouds Überwachung begonnen, stellt der Kommentator im „Spiegel“-Film die Wertigkeit des 26jährigen heraus. Da hätte er gerade in Wien eine „islamistische Jugendorganisation“ gegründet, seitdem videoüberwacht.

Es ist diese ständige Nähe aller möglichen Geheimdienste an den Schmähfiguren des 21. Jahrhunderts – Bin Laden, Dönermörder, Andres Breivik, „Attentäter“ von Toulouse – und deren teils märchenhafte Tatausführungen trotz dieser „Überwachungs“-Nähe, die nahelegen, dass auch Mohamed Mohmoud – laut „Spiegel“ hätte er sich in Deutschland den „Kampfnamen: Usama al Gharib“ gegeben (was wohl heißt „Usama aus dem Westen“?) – lediglich ein Gezücht der Geheimdienste ist – kein reales Abbild der Wirklichkeit.

Als Konsequenz auf die Überwachung sei der Gründer der „islamistischen Jugendorganisation“ dann, so „Spiegel“, „in den Untergrund“ gegangen – ins Internet – jenen Raum also, der zu flächendeckender Observierung wie gemacht ist – mit dem Medienauftritt „Globale Islamistische Medien-Front – GIMF“ – ein, Zitat „Spiegel“, „dschihadistischer Internetauftritt mit Verbindung zu Al Quaida – Ziel: Die Rekrutierung von Kämpfern gegen die USA und seiner Verbündeten“ – wofür er 2008 wegen „Gründung und Förderung einer terroristischen Vereinigung“ von der österreichischen Justiz für vier Jahre verknackt wurde.

Die Website, die 2006 ihren letzten Eintrag hatte und seit ihrem Umzug vom Hoster „wegen Archivierung oder Stillegung wegen Verstoßes gegen die Geschäftsbedingungen“ – „nicht weiterhin aufrufbar“ ist, bringt tagebuchähnlich Lobeshymnen auf aktuelle erfolgreiche Attentate der und der Gruppe von „Brüdern beim gemeinsamen Kampf gegen den Feind“ – unzählige seelenlose Aufzählungen der damit verursachten Verluste für den Feind in Afghanistan.

„Al Quaida“ – das nur, um den gallopierenden Begriffsumdeutungen entgegenzuwirken – nannten die Strategen in der CIA einst die Listung, unter der sie die Gehaltsempfänger ihre Guerilla gegen die Russen in Afghanistan wiederfanden. Einen Zusammenhang zwischen „Rekrutierung von Kämpfern gegen die USA und seiner Verbündeten“ – oder, um das zu entmystifizieren – „gegen die Soldaten der USA und seiner Verbündeten“ – ist demnach eine wiederholte Offenbarung über die, bisher angeblich auch nur von einigen wenigen Afghanistan-Reportern beobachtete, Erweiterung des ehemaligen Aufrags der Guerilla.

Was der Film – mit einem Herstellungsdatum vom 22. 4. 2012 – noch nicht weiß: Am 26. 4. schiebt Hessen „Mohamed M. – radikaler Salafistenprediger“ ab: „Der Mann mit österreichischem Pass müsse Deutschland binnen eines Monats verlassen und dürfe nicht wieder einreisen, sagte der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU)… Mohamed M. habe sich in der Vergangenheit zum militanten Heiligen Krieg bekannt. Bei dem Mann bestehe weiter die Gefahr, dass er „mit erheblicher Intensität zu Gewalttaten aufruft und damit die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Deutschland gefährdet“, wissen an diesem Tag alle Massenmedien in Deutschland, dass man staunt, dass der Mann, im geheimdienstuntergrabenem Überwachungsstaat überhaupt – unmittelbar nach Haftverbüßung wegen „Gründung und Förderung einer terroristischen Vereinigung“ – so wirksam Fuß fassen konnte.

Nun ist er jedenfalls fort – man vermutet ihn in Kairo, aus „Usama Al Gharib“ ist sicher nicht wieder Mohamed Mahmoud geworden, und sicher bekommt er auch dort allerhand zu tun – für das deutsche Publikum war kurz vor seinem Ablaufdatum noch eine mit viel Geheimnistuerei, Gefühl für Schlagworte, für Kameraeinstellung, Bild- und Tonschnitt gebaute Figur abgefallen – der, wenn sie auch wenig gegen ihre religiöse Ansichten („Das ist Welt von Gott, von Allah – und nicht von Merkel oder Grundgesetz“), doch „Hetze gegen den deutschen Staat“ hergab. „Salafisten“ kannte das deutsche Publikum bisher ja kaum. „Salafisten hatten zuletzt in deutschen Städten kostenlos Koran-Exemplare verteilt und mit ihrer Missionierungs-Aktion „Lies!“ eine heftige Debatte ausgelöst“, erinnert am 26. 4. die bereits zitierte Medienmenagerie so auch unisono im Zusammenhang mit der Ausweisung Mohamed Mahmouds – aus heutiger Sicht, mit dem Krieg von „Pro NRW“-Salafismus, ein Beitrag zum Bürgerkrieg in Deutschland – wenn wir uns weiter nur zudröhnen lassen.

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Update heute – oder dieses, zur Illustration der o. a. Verschwörungs“theorie“ betreffs der Geheimdinste: „Der politische Missbrauch der jüngsten „Terrorverschwörung““, Von Bill Van Auken
11. Mai 2012, „World Socialist Web Site“:“Einen Tag nachdem die CIA am Dienstag bekannt gegeben hatte, einen Versuch von Al-Qaida vereitelt zu haben, ein Passagierflugzeug in die Luft zu sprengen, haben amerikanische Regierungsvertreter enthüllt, dass der Attentäter in Wirklichkeit ein Informant der CIA und des saudischen Geheimdienstes war…“ mehr dort…

Update 16.5. mit viel besseren Worten, ad sinistram: „Salafisten überall. Und man hat den Eindruck, in einem Land zu leben, das vor Islamologen nur so strotzt. So wie es in Fragen der Wirtschaft im Trend liegt, wie es an jedem Stammtisch mit ökonomischen Fachausdrücken aufwartet. Als hätte die Debatte um Sarrazin und seine islamfeindlichen Thesen aus Deutschland ein Land von Experten in Islamwissenschaften gemacht…“ mehr dort …

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Können Griechen wählen?

Da zeigt sich das großeuropäische Dilemma in Reinkultur: Nun kann für Griechenland nach den Parlamentswahlen keine eurofreundliche Mehrheit mehr für eine Regierung erwarten werden – und dennoch „erwartet“ man in Brüssel, dass währungspolitisch alles so bliebe, oder, wie Merkel es formulierte, dass Griechenland zu seinem – unter den entmachteten Parteien gegebenen – Wort stehe. Die internationale Börse spielt antieurisch, weil sie wohl schon ahnt, dass das nicht so werden wird – wie sollten die starkgewordenen Kräfte es ihrem Wählervolk auch vermitteln, dass man nun doch mit den mehrheits-entmachteten Handlangern des Großkapitals klüngelt, um den Ausverkauf des Landes fortzusetzen?

„Griechenland ist unregierbar“, titelte heute das größte deutschsprachige Nachrichtenmagazin im Dienst der Globalisten: „Wie man die Parteien auch zusammensetzt, es kommt keine Koalition dabei heraus: Griechenlands Politik steht vor dem Chaos. Die Bürger haben sich in ihrer Wut über alle Sparzwänge und Drohkulissen hinweggesetzt – und den Protest stark gemacht. Jetzt hat Europa ein Problem.“

Es wird nicht das einzige bleiben, sonst könnte man wohl bereits jetzt Griechenland ein Schicksal prophezeien, wie es sich in den Endachtzigern Jugoslawien aus ähnlichen Gründen zuzog. Noch finden die Marionetten des globalen Großkapitals nicht die richtigen Worte – aber der Ton gegen „die Griechen“ wird stündlich schärfer, und es möchte ja wohl keiner glauben, dass die Karawane, einmal so schön im Traben, sich ausgerechnet von Griechenland aufhalten ließe? Die Satteltaschen der Karawanenführer werden voll sein mit Strategien für solche Aussetzer wie „Volkes Wille“. Wie wäre es, in Irland haben sie es bereits vorgeführt, vorerst mit der Wiederholung seiner Manifestation – und zwar solange, bis er in die Welt passt – „Volkes Wille“?

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Update 13.5.12 – da haben wir es doch schon – Junge Welt, 10.5.12, „Deutsch-Eurokratie
Berlin will Griechen-Votum korrigieren
Von Werner Pirker… mehr dort

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Gleichgewicht, stupid!

Ganz gut doch, dass sich nun, wo sich das westliche Militärbündnis unter seinen us-amerikanisch-zionistischen Führern zur Weltherrschaft aufschwingen wollte, heraustellt, dass das russische Gegengewicht voreilig medial zu Grabe getragen worden war, und dass im Kremel nun wieder das berechtigte Misstrauen gegen den Westen hinter den Schaltknöpfen der russischen Kriegsmaschinerie Platz nimmt? Trauriges Fazit nach einem Vierteljahrhundert der propagierten Erhohlung vom Kalten Krieg: Solange er kein warmer oder heißer ist, will er, vom ressourcenverschlingenden Wettrüsten einmal ganz abgesehen, immer noch als bessere Alternative erscheinen zum flächendeckend schleichenden Tod auf Raten, wie er uns hier im unumkämpften Herrschaftsgebiet des „Westens“ befällt.

Was haben wir gejubelt, als vor nun gleich 25 Jahren der unsichere Balanceakt der Weltmächte beendet schien, und sich die eine Seite, endlich am Ende ihrer Wirtschafts- und damit Agressionsfähigkeit, friedlich auf die andere, wie wir meinten, demokratische Seite, schlug!
Der Osten – oder besser: seine in Jahrzehnten mittels Scheinideologie und Individiumsfeindlichkeit gedemütigte Bevölkerung – lebte wieder auf, erlangte kurz Kreativität und Schaffenskraft zurück, fast gar ihr Selbstbewusstsein; der Westen, wo er sich nicht der Siegerarroganz hingab, – die zeigte sich im Jugoslawien-Feldzug am blutigsten, – konnte sich einiges davon abschauen und nutzbar machen, und gerade in Deutschland, wo der eiserne Vorhang durch eine sprachlich verwandte Bevölkerung verlief, hätte die Situation zu neuen, vorher nie geahnten Ufern führen können.

Zwanzig Jahre unter der neuen Konstellation allerdings haben die Menschen dies- und jenseits der einstigen Demarkationslinie ausreichend Einsicht, manchen bereits das Fürchten gelehrt – und sieht einer bis heute keinen Grund zur Klage, liegt das nur daran, dass er besonders ignorant, sich eine besondere Position erarbeitet, oder glaubt, sich die erarbeitet zu haben. Das Kapital, wenn wir bei diesem Begriff aus der Ideologie der „Kommunisten“ für die fast schon naturgesetzmäßig Besitzenden bleiben dürfen, das Kapital verschlingt zum Ende hin alles und jeden, wenn man ihm nicht wieder und wieder kräftig auf die Schnauze schlägt. Geld ziehe Geld fömlich an, wird gemunkelt, und dabei vergessen, dass Besitz von Rechtschaffenheit und Moralität regelrecht befreit, einen Blankoscheck für das weiter Raffen auf Kosten und zum Schaden anderer ausstellt. Dabei sollte Geld einst den in Zahlen gefassten Wert des Individiums für die menschlichen Gemeinschaft darstellen.

Der Osten – seine Facharbeiter, Wissenschaftler, Künstler – begriffen es instinktiv und damit als Kraft fürs Auf-die-schnauze-hauen vorerst untauglich, dass die Wertigkeit in der „freien Welt“ eine andere sein musste, doch mit den Erkennen des Charakters der „Krise“ als einer vom Kapital künstlich iniziierten Verknappungs- und Massenverarmungsstrategie ohne freundlichere Aussichten dämmert es bereits vielen links und rechts der einstigen Demarkationslinie der Demokratie: Das ist nicht mehr unsere Welt, für die wir uns aufreiben, totschuften, streiten, Friedfertigkeit demonstrieren, Kinder aufziehen. Der finanzielle „Rettungschirm“ für ein Großeuropa der Monopole und der Auslandseinsatz einer dem Friedenhalten verpflichteten Armee zugunsten monetärer Erwägungen, wie ein dann zurückgetretener Bundespräsident flüsterte, mögen hier nur als die ohnehin populären Beispiele angeführt sein, begonnen hatte das dem machiavellischen Prinzip entsprechende Polarisieren ja schon bald nach dem bejubelten „Ende des Kalten Krieges“ mit dem „Krieg gegen den Terror“.

Nicht jedem mag aufgegangen sein, dass zwei Handvoll, in Höhlen lebende Männlein – seien sie Eiferer welcher menschenverachtenden Religion auch immer – unmöglich eine wehrhafte Weltmacht wie die USA auch nur in Verlegenheit hätten bringen können; als der Große Rächer des friedlichen Abendlandes darauf aber in die Höhle des Drachens zu ziehen vorgab , war sogar die heutige Bundeskanzlerin des Unverständnisses über das deutsche Unbeteiligtseins voll, und bat bei Ritter George Dabbeljuh um Abbitte für den deutschen Michel. Dass mit ihr nicht viel später das Lehnsherrenrecht über diesen in ihre Hände gelegt wurde, ahnte nicht, wer nicht auch schon von den im geheimen weltordnenden Vereinen wie Bilderbergern, Trilateraler Kommission oder Atlantikbrücke gehört hatte.
Dass die Machtausübung in Afghanistan nun von ein paar Koranschülern auf ein ganzes Volk übertragen werden sollte, und der Irak gar einer Einheitspartei unter ihrem blutrünstigen Führer entrissen wurde, musste begrüßen, wer auch nur eine Ahnung von der Bedeutung des Wortes Demokratie hatte. Damit waren Afghanistan- und Irakkrieg kleine und notwendige Korrekturen, und moralisch nicht niedriger zu bewerten als ein Einsatz gegen die – vorgegaukelten, wie wir leider heute erst genau sagen können – Konzentrationslager Großjugoslawiens.

Aber die Sache scheint ausufern zu müssen, denn überall, wo die verhassten Köpfe abgeschlagen wurden, wuchsen scheinbar zwei neue nach, und wurde die Behauptung von einer religiös determinierten Terrorfreudigkeit vor kurzem noch als faschistoide Propaganda gegeißelt, gilt sie heute als ausreichend poltikwissenschaftlich hinterlegte Begründung für den momentan jämmerlichen Zustand der Welt. Mittlerweile haben wir aber auch den Terror an der eigenen Haut zu spüren bekommen – seien es die Schulkinder in Toulouse, in Winneneden oder Erfurt, in Warteschlangen ihrer Leibesvisitation harrender und bis auf den Sterz durchleuchtete Flugzeugpassagiere, im Rahmen des Vorgehens des Staates im Sinne „rechten Terror“-Fahndung Gepeinigten – und, wenn nicht gleich die Idee von der Herz-Losigkeit, so doch die vom gar viel zu großem Herz unserer Beschützer bekommen.

Nun stehen wir noch immer in Afghanistan gegen den Terrror, vor Somalia, geben das Letzte gegen Palästina – und konnten wir uns in Lybien noch mit dem Verweis auf ein fehlendes UNO-Mandat herrausreden, wird uns die Sache angsichts eines angeblich atomwaffenfuchtelnden Irans oder eines massenmordenden Diktator in Syrien so leicht nicht gemacht werden. Im Notfall, das hat ja auch schon der Jugoslawienfeldzug unter Schröder und Fischer gezeigt, hält es Deutschland nicht anders als die USA: „Mit UNO-Mandat falls möglich, ohne, falls nötig“

Keine Ahnung, wie der Russe tickt, freilich! Vielleicht hat der sich wirklich Illussionen einer zukünftigen Welt in Frieden gemacht, als er sich damals, vor fast 25 Jahren, nicht entschließen konnte, sein zerfallendes Weltreich mit Gewalt zusammenzuhalten; Gorbatschow hatte ohne Wenn und Aber in ein Wiedervereinigung Deutschlands unter westlichem Regime zugestimmt, auch wenn das vom damals amtierenden Bundeskanzler Kohl geleugnet und für die eigenen Ziele umgeschrieben wurde. Auf der Sicherheitskonferenz in München dieses Jahr waren es die Russen (neben China), die die nachhaltigsten Friedensvorschläge präsentierten; Putin ist KGB ist Kalter Krieger ist gefährlich – momentan ärgern wir uns aber mit der eigenen Administration herum – und „ärgern“ ist ja wohl nur eine schlappe Beschreibung des Ungemachs, dass uns bereits befallen hat und dessen Ausgang, folgend den Interpretationen der Welt durch diese Führer – verdeckte oder deren Handpuppen „Bundeskanzler“, „Premierminister“ – ein schreckliches sein wird.

Und wenn da jetzt ein Stoppschild aufgestellt wird für eine maßlos expandierwütige Welt (der wir längst nicht mehr angehören – wer es gemerkt hat -, sondern nur noch den Stiefel lecken oder Kanonenfutter stellen), und sei es auch nur in Form eines Stoppschildes für einen „Raketenabwehrschild“, hinter dem wir uns gerade – im Begriff, auszuteilen ohne einstecken zu müssen – verrammeln wollten, könnten wir so dem Ideal eines wahrhaft von allen seinen Bewohnern gestalteten Planeten vorerst ein Stück näherbleiben.

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