Die Geschichte scheint noch immer die alte zu sein, und wie immer haben wir uns schön ablenken lassen.
Gefühlt haben wir es über alle Jahrzehnte – es ist etwas mit den Mächten, dass die uns nicht das Paradies lassen wollen – ein Honig- und Milchfließland für alle und jeden, der das will – und die uns immer, wenn wir uns wieder eingewöhnt haben, das Land zum Erblühen gebracht, Zwischenmenschlichkeit wiederhergestellt, Kinder und Pläne gemacht, wieder aufscheuchten und – hier haben wir es in den letzten Jahren nicht so gespürt – ganze Völker „nackig in die Wüste schickten“.
Unter „den Mächten“ verstanden wir die eigenen oder fremde Regierungen, Imperien, „die Reichen“.
Unser eigenes Ungemach empfanden wir als von einer neuen Zeit, und vielleicht gerade deshalb als „Strafe Gottes“ – an dessen Gerechtigkeit, wenn auch nicht Existenz, man zunehmend in beleidigenden Zeiten glaubt. (Was sie, genaugesehen und worauf wir später nochmal zurückkommen müssen, ja auch tatsächlich ist; nur, dass unserer „Sünden“ eben anderer Art sind, als wir vernehmen.)
Dass „die da oben“, die Mächte, unsere Regierungen oder die anderer Länder, die eigentlichen Brandstifter und Bombenleger sind, bekommen wir zunehmend und nur ganz langsam nicht mehr aus den Kopf. Aus der Historie lernen wollen wir nicht, da sind wir von uns und der Einzigartigkeit „unserer“ Zeit zu überzeugt, und bis die Fäden sichtbar, geschweige sich sich entwirrt haben, sind die Besten schon erdrosselt. Das zumindest wäre eine Lehre aus der Welthistorie.
Kann also gut sein, die Fäden behindern uns bereits. Das irgendetwas schief läuft gerade wegen der Mächte, ahnen wir bereits. Bevor wir den Überblick erlangen, sollten wir vielleicht nicht klüger als andere Jahrhunderte sein wollen- vielleicht haben auch wir gar keinen Grund dazu; sollten wir also sehen, was die anderen wussten – wir werden zumindest nicht dümmer zurückkommen, als wir die Welt momentan finden:
Wenn wir an „die Mächte“ dachten, waren über den vergangenen Jahrhunderte auch „die Kirche“ bedacht; der Klerus ist uns zur Genüge überliefert als Anpeitscher für Völkermord und Vertreibung, für Kolonialisierung, langwährende Kriege, für die Inquisition, für „Hexen-“ und „Heiden-“ Mord im großen Ausmaß. Das war unglaublich, predigte die Kirche, egal welcher Konfession, doch genau das Gegenteil. Dabei profitierte sie auch noch an der angestifteten Verwirrung. In der historischen Rückschau erscheint es uns als ein Beweis für die Bewusslosigkeit und geistige Unzulänglichkeit der Massen, des einfachen, ungebildeten Volkes „damals“, dies nicht gesehen und sich wieder und wieder vorm Karren dieser Mächte wiedergefunden zu haben. Heute hat die Kirche natürlich ein ganz anderes Gesicht: das des Samariters, des Verzeihenden, des beinahe selbst um Verzeihung Bittenden – mindestens auf Augenhöhe – (wenn auch etwas verstockt in „Glaubenssachen, aber die tangieren uns nicht) – beinahe sympathisch. Die Menschen strömen den alten und den neuen Konfessionen wieder zu, und scheinen hier endlich wieder Heil zu finden. Die Kirche – erst der polnische Papst, dann die Besinnnung in den Gotteshäusern, war selbst uns modern „atheistischen“ Europäern Brücke aus dunkelstem diktatorischsten Sektierertums ans Licht der Demokratie, und der Deutschen Kanzlerin wollte den Gottesbezug gar in der europäischen Verfassung verewigt wissen, verwaltet sicher dann vom irdischen Verwalter von Gottes Willen, verwaltet von der Kirche und Gottes Stellvertreter? Vielleicht eine letzter müder Anklang an die alte Mär von der Trennung von Kirche und Staat, vielleicht ein fehlender Verwaltungshebel – die Diskussion darum kam so schnell auf, wie sie wieder verging – vielleicht nur ein fehlender Paragraph brachte uns darum, in Zukunft wieder Gottes Stellvertreter in Rom zu folgen.
Dass die Kanzlerin sich damit selbst entbehrlich gemacht hätte? Vor ihr schon ganz andere haben demonstriert, dass für entbehrliche Kanzler bestens gesorgt ist – mit ihrer Unterschrift unter den EU-Vertrag hat sie ohnehin bereits den Weg zu ihrer Abschaffung geebnet. Der weltliche Hirte für Europas Schäfchen ist seit dem 1. 12. 2009 der Präsident des Europäischen Rates. Und der erinnert uns plötzlich wieder an längstvergessenen Mächte.
„Ich…werde jetzt, in der Gegenwart des allmächtigen Gottes, der gebenedeiten Jungfrau Maria, des gesegneten Erzengels Michael, des seligen Johannes des Täufers, der heiligen Apostel Petrus und Paulus und all der Heiligen und heiligen, himmlischen Heerscharen und zu dir, meinem geistlichen Vater, dem oberen General der Vereinigung Jesu, gegründet durch den Heiligen Ignatius von Loyola, in dem Pontifikalamt von Paul III. und fortgesetzt bis zum jetzigen, hervorgebracht durch den Leib der Jungfrau, der Gebärmutter Gottes und dem Stab Jesu Christi, erklären und schwören, daß seine Heiligkeit, der Papst, Christi stellvertretender Vize-Regent ist; und er ist das wahre und einzige Haupt der katholischen und universellen Kirche über die ganze Erde; und daß aufgrund des Schlüssels zum Binden und Lösen, der seiner Heiligkeit durch meinen Erlöser Jesus Christus, gegeben ist, er die Macht hat, ketzerische Könige, Prinzen, Staaten, Republiken und Regierungen aus dem Amt abzusetzen, die alle illegal sind ohne seine heilige Bestätigung, und daß sie mit Sicherheit vernichtet werden mögen.“
Dies und mehr hat der Präsident der Europäischen Union vor Zeiten geschworen. Das waren die ersten Sätze des „Schwures der Jesuiten“, und der am 19. November 2009 auf einem Sondergipfel des Europäischen Rats zu dessen erstem ständigen Präsidenten gewordene (nicht gewählte, nicht in einer öffentlichen Diskussion bestimmte) Van Rompuy i s t Jesuit.
Jesuiten? Waren das nicht die…
Doch – das „waren“ sie! Verantwortlich für Völkermord im spätmittelalterlichen Europa, für Juden-, Hexen-, Ketzer- (und wer sich ihnen sonst nicht ergab) Verfolgung, Initiatoren und blutrünstige Vollstrecker der „letzten“ Inquisitionswelle, mit den schmutzigen Fingern noch im letzten Weltkrieg, oder gar dessen Organisatoren.
Und heute?
Van Rompuy ist vielleicht ein erster gut sichtbarer Fingerzeig. Eine merkwürdige Langlebigkeit totgeglaubter Mächte zeichnet sich allerdings durch alle Zeiten ab. Sie verdient es möglicherweise, aufgezeichnet zu werden – bis wir Beweise oder Anzeichen finden, dass heute die Fäden ganz anders verlaufen.
Solange wird der Blick auf „die Kirche“ auf diesen Seiten hier nicht erlöschen – denn wir hätten es mit einer dogmatischen, selbstherrlichen, jahrtausendalten und blutrünstigen Macht zu tun. Die sollten wir also besser kennenlernen. Wir wollen schließlich schlauer sein als unsere Ahnen; wir sind es ihnen auch schuldig…
Van Rompuy Foto: diepresse.com
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