Der nahende Frühling auf der nördlichen Halbkugel ist die Zeit, die die Emotionen verwirrt. Für die einen, die meisten wohl, lässt der sicht- und fühlbare Übergang von Dunkelheit und Kälte die Herzen höher schlagen – sie finden sich wieder bei ziellosen Gängen in Mutter Natur, bei Plaudereien mit den verhassten Nachbarn, mit Empfindungen, die allgemein und wohl unzureichend „Frühlingsgefühle“ genannt werden.
Anderen – zahlenmäßig in der Minderheit, Gott sei Dank – bliebe dieses Erwachen besser erspart. Für die scheinen Wärme und Licht geradewegs Impulsgeber zu sein für ihre Unmenschlichkeiten.
So geschehen zum Beispiel vor drei Jahren in Winnenden. Da nahm am 11. März ein bisher unauffälliger Teenager blutige Rache für alle in seinem relativ kurzen Leben erlittenen Demütigungen. In einem Amoklauf, der alle Gesetze der Physik außer Kraft setzte, erschoss der Junge 15 Menschen und dann sich selbst. Bis heute ist es nicht gelungen, einen einigermaßen plausiblen Tathergang zu rekonstruieren, wenngleich die Untersuchungen als abgeschlossen gelten.
Fast zur selben Stunde ereignete sich Ähnliches in Alabama, USA; ein 27jähriger erschoss erst seine Mutter und setzt ihr Haus in Brand, später weitere Angehörige seiner Familie, wahllos Fremde, am Ende sich.
Die Zeit, von der wir wissen, dass ihr Verleger immer wieder bei den konspirativen Treffen der „Bilderberger“ teilnahm, – die also, so müssen wir vermuten, die Agenda schon vor uns kennt, schrieb damals online: „Experten bekräftigen immer wieder, einer der Ursachen seien die Waffengesetze in den USA, die in den meisten Bundesstaaten das Waffentragen erlauben. Auch gebe es in den USA beim Waffenkauf so gut wie keine Hindernisse.“, und auch nach dem Amoklauf des 16jährigen Tim Kretschmer in der Winnender Realschule war nicht das Thema: Der Versuch des baden-württembergischen Innenministeriums, Beweise zu fälschen; der völlig unannehmbare und nicht nachvollziehbarer Abschlussbericht der ermittelnden Stellen, – dagegen deren langsam ans Licht tröpfelnden Verstöße gegen Gesetz, gröbste Fehler bei der Aufklärungsarbeit, Beweismittelunterschlagung oder Kidnapping der Leichen – das alles wog scheinbar nichts gegen die erste Konsequenz, die gezogen wurde: Einem staatlichen Eingriffsrecht in das Waffenrecht. Der Versuch des badem-würtembergischen Innenministeriums, im Internet Beweise zu lancieren, wurde aufgedeckt, so blieb der Angriff auf die Freiheit „des Computers“ wohl bei der hirnlosen Ego-Shooter-Debatte hängen. Der Fall in Toulouse von dieser Woche scheint da in Sachen Internetüberwachung einiges mehr vorzubereiten. In Winnenden wurde eiligst dem Vater der Prozess gemacht, der wohl fahrlässig dem Sohn Zugang zu angeblicher Tatwaffe plus Munitionierung erleichtert hatte, und auch hier lag der Fokus der Berichterstattung nicht auf den Ungereimtheiten des angeblichen Tathergangs und den skandalösen Unzulänglichkeiten und Fehlern bei der Ermittlung, sondern in einer schnellen Verkündigung der Schuldfrage – wobei auch hier wieder „privater Waffenbesitz“ als das eigentliche Übel erschien.
In diesem Jahr nun inspirierte der aufkeimende Frühling bereits einen 17jährigen in Ohio zu einem Amoklauf an einer Universität, einen US-Soldaten in Afghanistan zu einem Gemetzel unter der Zivilbevölkerung. Am Montag dieser Woche nun ein „Amoklauf“ vor einer jüdischen Schule in Toulouse…
Der Kommentator im Deutschlandfunk, den wir hier Aufmerksamkeit widmen, da wir ahnen, dass die Meinungsmache der Medien von heute die Politik von morgen sein wird, kommt über „den Ex-Front-National-Chef Jean Marie Le Pen“, der den „Holocaust als Detail der Geschichte abgetan“ hätte, – „bei dem auch Franzosen mitgewirkt haben“ zu seiner Forderung, nicht nur wegen der dringlichen Ergreifung „des grausamen Mörders sollte höchste Alarmstufe in Teilen Frankreichs herrschen, sondern ähnlich wie bei uns im Angesicht des Naziterrors müsste ein Ruck von Einsicht und Toleranz durch’s Land und durch die Politik gehen“.
Der Vorfall scheint das Zeug zum weltweiten Politikum zu haben. Der französische Außenminister begleitete am Dienstag Abend die Opfer des Anschlags auf die jüdische Schule bei der Überführung nach Israel. Präsident Sarkozy, hatte ihnen davor „die letzte Ehre“ erwiesen (Süddeutsche Z., 20.3.2012).
Für „uns“ also glücklicherweise kein Thema mehr – und das wohl nicht erst wegen einer allzu lustig gestrickten Dönermord-Medienstory mit vermutbarer Beihilfe oder wenigstens Totalversagen des Verfassungsschutzes. Wir machen uns dennoch Gedanken über den Zustand der Welt, registrieren verzweifelt das Wiedererstarken des Faschismus bei doch zunehmender globaler Kommunikationsmöglichkeit, Friedensmissionen, Vermittlungsgesprächen, pazifistischen Volksbekundungen…
Das vermeldete Bindeglied zwischen den Morden an den maghrebinischen Soldaten in Frankreich vor zwei Wochen und denem an Rabbiner und Schülern in Toulouse am Montag sind wiederum nur für uns schwer nachvollziehbare „gemeinsame Spuren der Tatwaffen“ (neben einem Moped, von dem aus die tödlichen Schüsse abgegeben sein sollen.)
Ansonsten erinnern die Verlautbarungen über die Tat in Frankreich und ihre Entstehungsgeschichte auf fatalste Weise denen über die NSU-„Dönermorde“ hierzulande: Die/der Täter stand/en bei den Geheimdiensten schon lange unter Beobachtung, und muss in Frankreich nicht gar von deren Beteiligung ausgegangen werden, findet sich zumindest diese märchenhafte Unfähigkeit wieder, mit der selbst außerhalb der Rechtsstaatlichkeit operierende Organisationen nicht in der Lage erscheinen, am Ende Schlimmstes zu verhüten und sich stattdessen von einem Laien in Strategie und Waffentechnik vorführen lassen. Immer kann der aus der Verantwortung entkommen, „durch Selbstmord“, wegen tödlich verlaufenen „finalem Rettungsschlags“ – den Hinterbliebenen und der Öffentlichkeit bleiben wieder nur die Verlautbarungen der geheimen Organisationen – vorgetragen, als seien die nun endlich weise – und das Tragen der Konsequenzen, die eine scheinbar andere Ziele als den generellen Schutz des Gemeinwohls verfolgende Administration daraus verordnet.
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Update 2.4.2012 auf welt.de, Autor Sascha Lehnartz, unter der Rubrik Verschwörungstheorie:
„War Merah ein Informant des Geheimdienstes?
Nach der Erschießung des Serienmörders von Toulouse durch die Polizei stellt die Anwältin seines Vaters eine bizarre Theorie vor: Mohamed Merah sei vom Geheimdienst benutzt und liquidiert worden…“ weiter (!) dort
Update II, 2.4.2012 auf german.irib.ir, Autor Paul Harris, 23. März 2012 – „Der Sinneswandel eines Ex-FBI-Agenten: „Es gibt keine Jagd. Sie ist fingiert.“ … Monteilh dem Guardian im Rahmen seines Berichts über das Jahr, in dem er als geheimer FBI-Informant auf eine Mission geschickt wurde, südkalifornische Moscheen zu infiltrieren. Craig Monteilh alias Farouk Aziz, eine Identität, die das FBI für ihn aufbaute. Als “ radikaler Islamist“ sollte der FBI-Mann Moscheen infiltireren und Sympathisanten für den Jihad anlocken…“ weiter dort
Update III, 3.4.2012, 21°° Kopp Verlag, Autor Webster G. Tarpley „Verschwörungstheorie? Sollte der Mörder von Toulouse Sarkozys Wahlkampf retten? … Die Zeitung La Dépêche aus Toulouse zitiert den ehemaligen Chef des französischen Inlandsgeheimdienstes DST, Yves Bonnet. Dieser behauptet, Merah wäre einfach ein Polizeispitzel gewesen, ein »indicateur«. Nach Bonnets Aussagen soll der angebliche Attentäter Merah seinen eigenen Agenten-Führungsoffizier gehabt haben. Merah stand in Kontakt mit diesem Führungsoffizier selbst während der Belagerung seiner Wohnung und verhandelte mit ihm.
Das wirft vielleicht ein neues Licht auf die Frage, warum Merah nicht lebendig gefangen genommen werden konnte. Das italienische Blatt Il Foglio aus der neokonservativen Richtung behauptet, Merah sei nicht im Dienste des französischen Inlandsgeheimdiensts, DCRI, sondern im Dienst des französischen Auslandsnachrichtendienstes, DGSE, gewesen, auch »französische CIA« genannt. Der in den französischen Geheimdienstkreisen als »Haifisch« bezeichnete Bernard Squarcini, Chef des Inlandsgeheimdienstes, bestreitet diese Angaben. Das französische Fernsehen France Télévision behauptet, Merah habe Mitglied des französischen Heeres werden wollen oder der Fremdenlegion beizutreten versucht.
Jetzt taucht die Frage auf, ob Merah überhaupt der Täter von Toulouse gewesen sein könne, oder in Wahrheit nur ein Sündenbock für eine Operation ist, die durch eine Equipe von Technikern ausgeführt wurde… weiter dort